
Der lesende König
Es war einmal in einem weit entfernten Königreich ein junger Prinz namens Ferid, Ferid war nicht wie andere Prinzen, die man in Märchen findet – er war weder besonders mutig noch beeindruckend stark. Tatsächlich war Ferid ein wenig tollpatschig und hatte eine ausgesprochene Abneigung gegen Schwertkämpfe. Er stolperte öfter über seine eigenen Füße als über Siegertreppchen.
Doch Ferid hatte eine ungewöhnliche Leidenschaft: Bücher. Er liebte es, in der großen königlichen Bibliothek zu stöbern, die von seinen Vorfahren über Generationen hinweg gefüllt worden war. Während andere Prinzen auf dem Trainingsplatz schwitzten, saß Ferid stundenlang in staubigen Ecken und las von alten Königen, die klug und weise regierten – und manchmal auch von jenen, die ihre Königreiche mit der Eleganz eines tollpatschigen Elefanten in einem Porzellanladen in den Ruin trieben.
Ferids‘ Vater, der König, war ein mächtiger Herrscher, aber auch ein Mann, der Konflikte oft mit dem Schwert löste. Das Reich war in ständigen Kriegen verstrickt, und die Menschen waren müde und hungrig. Der König sah in Ferid wenig Hoffnung auf eine glorreiche Zukunft. „Ferid, du wirst nie ein Kriegerkönig sein“, sagte er eines Tages mit einem schweren Seufzen.
Aber das war Ferid recht, denn er hatte einen anderen Plan. Er hatte in einem alten Buch einen besonderen Satz gefunden: „Die Feder ist mächtiger als das Schwert.“ Diese Worte hatten sich in seinen Kopf eingebrannt, und er beschloss, nach ihrer Weisheit zu leben.
Eines Tages, als der König krank wurde, musste Ferid widerwillig den Thron übernehmen. Die Adligen des Landes waren schockiert. „Wie soll ein Bücherwurm das Königreich führen?“, murmelten sie hinter vorgehaltener Hand.
Doch Ferid ließ sich nicht beirren. Er rief alle Berater und Gelehrten zusammen und befahl, dass jedes Buch und jede Schriftrolle, die Weisheit und Wissen über Diplomatie, Frieden und Gerechtigkeit enthielt, vor ihn gebracht werde. Nächte und Tage verbrachte er damit, zu lesen und zu lernen, während seine Berater vergeblich versuchten, ihm Ratschläge zu geben, die nur zu weiteren Kämpfen führen würden.
Dann kam der Tag, an dem das benachbarte Königreich den Krieg erklärte. Ferid ließ die Boten kommen und begrüßte sie nicht mit Drohungen oder Schwertern, sondern mit einem Buch in der Hand. „Hier“, sagte er, „steht geschrieben, dass der letzte Krieg zwischen unseren Völkern keinen Sieger hervorbrachte, sondern nur Leid und Armut. Lasst uns diese Fehler nicht wiederholen.“
Die Boten waren verblüfft und brachten die Botschaft ihrem König. Anstatt sich zu rüsten, kam der Nachbarkönig selbst zu Felix. Statt Schlachtpläne zu schmieden, sprachen die beiden Könige über die Geschichten ihrer Völker und fanden Wege, ihre Unterschiede friedlich zu lösen.
Ferid setzte seine Studien fort, und bald wusste man im ganzen Land: Der König, der aus Büchern seine Weisheit schöpfte, brachte nicht nur Frieden, sondern auch Wohlstand. Die Felder blühten, die Städte wuchsen, und das Volk lebte glücklich. Die Bibliothek, einst nur ein Ort für Staub und Stille, wurde zum Zentrum des Königreichs, wo Menschen aller Klassen zusammenkamen, um zu lernen und zu wachsen.
Als Ferid schließlich alt wurde, war er nicht nur als gelehrter König bekannt, sondern auch als derjenige, der mit Wissen statt mit Waffen regierte. Und als er starb, hinterließ er ein Königreich, das stärker und geeinter war als je zuvor – nicht durch Kraft, sondern durch Weisheit.
Und so geschah es, dass Ferid, der einst als ungeschickter Prinz verspottet wurde, als einer der größten Könige in die Geschichte einging. Sein Name wurde nicht wegen siegreicher Schlachten, sondern wegen seines klugen Geistes und seines großen Herzens in Ehren gehalten.
Und die Moral der Geschichte? Manchmal ist es klüger, in einer Bibliothek zu sitzen, als auf einem Schlachtfeld zu stehen – besonders, wenn man dazu neigt, über seine eigenen Füße zu stolpern.
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